Risikokommunikation ist risikoreich
Weil Risikokommunikation (im Folgenden RK) risikoreich ist, sollte man RK durch ein Risiko-management begleiten. Eines der ersten Erfordernisse für ein Risikomanagement ist, dass ein Kontext hergestellt werden muss. Kontext herstellen bedeutet, Sinn und Zweck des Zieles in
ein Umfeld zu stellen. In der RK sind es vor allem die Beteiligten mit ihren Zielen. Im 1. Teil
werde ich vor allem aus der Perspektive der Wahrnehmung in der Kommunikation allgemein argumentieren. Im zweiten Teil werde ich versuchen eine aktuelle Debatte innerhalb der Fach-
leute für RK skizzieren. Dies mache ich anhand von 10 Artikeln die im Band 17 Nummer 10 des „Journal of Risk Research", im November 2014 erschienen sind. Roger Kasperson von der
Clark University veröffentlichte einen Artikel, indem er 4 Fragen formulierte, daraus ergab sich
eine breite Diskussion. Und zuletzt versuche ich ein Fazit.

Ein Kontext für Kommunikation
Kommunikation ist riskant weil sie Informationen transportiert. Dieses Bild (Folie 3) ist ein gutes Beispiel für Informationstransport. Wir haben eine Taxonomie mit zwei Dimensionen. In der
einen Dimension Sorten, in der Anderen Deskriptoren zu den Sorten, hier Thema, Bote und Me- dium. Der Inhalt dieser Information wird mit Gefühlen kommentiert. Gefühle sind oft mit Angst oder Sehnsucht besetzt. Aber schweigen ist auch riskant. Sie erinnern sich an Watzlawick: «Man kann nicht nicht kommunizieren.» und in öffentlichen Auseinandersetzungen heisst es gerne
«wer schweigt, stimmt der Mehrheit zu». In jeder Regel ist schon die Ausnahme enthalten. Grund- sätzlich ist aber jeder Augenblick, jedes Subjekt einzigartig und eine Begrifflichkeit dazu mangel- haft, ein Modell. Umgekehrt ist es so, dass wir abhängig sind vom gemeinsamen Wortschatz. Das, was ich «die patriarchale Falle» nenne, ist die Einstellung, ich kann Dir die Welt erklären, dabei
kann ich höchstens versuchen meine Welt zu erklären und es als Taxonomie darstellen. Wenn wir zuhören haben wir mindestens drei Filter «die drei Verteidigungslinien» die zusätzlich durch verschiedene Eigenschaften unserer Wahrnehmung verzerrt werden:


1.

Unbewusst: wir nehmen nur einen Teil der Botschaft auf, wir filtern

2.

Bewusst: Wir bewerten das Gesagte und sortieren es als relevant oder nicht relevant. Und

3.

für das was wir relevant finden, finden wir den für uns adäquaten Kontext und binden ihn dort ein.


Ich muss also drei Barrieren überwinden, um Information effektiv zu platzieren. In ruhigen Zeiten muss ein Thema möglichst neutral und objektiv kommuniziert werden, denn letztlich geht es darum möglichst vertrauenserweckend das Thema zu erzählen. Man kann das mit diesem Modell beschreiben. Einerseits soll die Information ihre Evidenz belegen, den persönlichen Fähigkeiten entsprechend formuliert sein, und auf dem gemeinsamen Narrativ aufbauen. Aber gerade wenn wir uns an die Öffentlichkeit wenden, ist das gemeinsame Narrativ sehr heterogen und was als evident betrachtet wird, ist von den persönlichen Standpunkten und der persönlichen Risikowahr-
nehmung abhängig.

Die aktuelle Debatte zur RK
1989 wurde vom National Research Council die Arbeit "Improving Risk Communication" veröf-
fentlicht. Diese Veröffentlichung erhielt schnell den Status eines Standards. Nach 25 Jahren fragt nun Kasperson:

1.

Wo sind die Fortschritte seither, was wurde erreicht, wo die sind Problemfelder.

2.

Sowohl Profis als auch das Publikum sind nicht erfreut an Unsicherheit und das Misstrauen wird mehr gepflegt, als das versucht wird, ein Risiko zu verstehen.

3.

Risiken werden gefürchtet und nicht freiwillig übernommen. Risiken bringen unzählige. Das Vertrauen in die Risikoinhaber muss gefördert werden und es muss akzeptiert werden, dass sich Werte und Haltungen in der Gesellschaft nicht so schnell ändern, wie es die Projektpläne vorsehen.

4.

Aus diesen 3 Problemen ergeben sich 4 Fragen:

a)

RK-Programme müssen über lange Zeit und nachhaltig geplant werden, mit ehrgeizigeren
Zielen und Ergebnissen.
b) RK muss die Konflikte rund um Lebensstil und ethischen Haltungen aufnehmen und breiter diskutieren, mit der Öffentlichkeit und mit den Risikoeignern
c) Wenn die Bedenken gross und tief eingebettet
sind müssen besonders diese Risiken, die wirk-
lich eine grosse Rolle spielen diskutiert und es
muss beachtet werden, welche Bedenken wohl
nicht aus dem Weg geräumt werden können.
d) Gerade wenn die gesellschaftlichen Bedenken
stark sind, müssen Ziele gründlich erneuert
werden, in der Struktur und in der Führung
der RK. In diesem Fall reicht eine oneway Kommunikation nicht, vielmehr muss ein
Gespräch stattfinden.
Aufgrund dieses Artikels entstehen 8 Antworten. Zitate dazu finden sie in den Folien des Vortrages.

Zusammenfassung
Für mich ergeben sich aus der Diskussion die in der Folie notierten Prinzipien. Allerdings sollte in der konkreten Arbeit im Auge behalten werden, dass wir aktuell nicht gerade in einer Atmosphäre der Aufklärung, sondern mehr in einer der Moral leben. Und das wird wohl die grösste Herausforderung
für Risikokommunikation sein, weil in diesem Umfeld nicht rational entschieden wird. Und zu die-
sem Thema gibt es Evidenz aus der Krisenkommunikation wie diese Box aus einem Report des Center for Security Studies (CSS) der ETH zeigt.

Dies ist die gekürzte Fassung eines Vortrages, den ich am 3th TC «NanoSafety» des i-net innovation networks in Basel, am 16. März 2015 hielt.

Gerne berate ich Sie zu ihrem Risikomanagement. Nehmen Sie Kontakt auf: E-Mailadresse